Mehr als ein Dutzend Königreiche werden in der Spielhilfe DAS BUCH DER KÖNIGREICHE – teils sehr umfangreich auf vielen Blättern, teils begrenzt auf einer Handvoll – beschrieben. Auf dieser Seite charakterisiere ich sie in Kurzform für Dich. Und die beigefügten Abbildungen der unterschiedlichen Völker vermitteln Dir zusätzlich ein Gefühl für die jeweilige kulturelle Entwicklung der Einheimischen. Wie ich grundsätzlich in meinem Schaffensprozess für das Pen-and-Paper Rollenspiel vorgehe, schildere ich kompakt zum Abschluss.
Fruchtbare Landstriche mit grünen Ebenen, Autälern und Wäldchen begegnen dem Reisenden im Norden des Königreichs Teros-Saral, während der südliche Landesteil in eine unwirtliche Steppen- und Hügellandschaft übergeht. Das hier heimische vom Teint und Haar eher dunkel veranlagte Menschenvolk ist ein ausgeprägt kulturschaffendes, forscht intensiv nach Wissen und lebt ein wenig entfremdet von der Natur überwiegend in Dörfern und Städten mit stolzen Bauwerken. Diese Aspekte und ihre Details entstehen dabei nicht aus dem Bauch heraus, sondern sind durchdacht. Jedes der ein Dutzend Königreiche meines Pen-and-Paper Settings ist der folgenden einheitlichen Struktur unterworfen:
Widrige Lebensbedingungen in ihrem Bergkönigreich haben die recht kleinen und gedrungenen, dafür aber sehr zähen und kräftigen Luthaís-Bathar über Jahrhunderte geprägt und sie zu einem grausamen, von Druiden und Hexen geführten Bergvolk gemacht. Sie trotzen dem kargen Boden und der Bergwelt alles ab, was ihr Überleben sichert. Hervorstechendstes Merkmal ihrer Kultur sind herrliche, großflächige Tattoos, die hauptsächlich Tiersymbole zeigen.
Überall lauern Gefahren: nachgiebiger Boden, giftige Pflanzen, Tiere und gefährliche Bestien. Hohe Schilfgräser, Farne und glitschige Moose lassen manch Reisenden verzweifeln, insbesondere wenn nach der Schneeschmelze in den Bergen Teile der Gorlonmarsch geflutet werden. Und inmitten: die Felseninsel Modrock, Heimat der abergläubischen Thar, dem zahlenmäßig kleinsten Menschenvolk. Sie sind keine großen Krieger, besitzen eine eher ungesund gelbe Hautfarbe, doch sie haben die talentiertesten Alchemisten hervorgebracht und einen unermesslichen Reichtum angehäuft.
Rechts und links des Flusses Glatwor liegen die Belegorner Steppe und die Xaviter Hügel, die von den in weit verstreuten Clans lebenden Belegorner besiedelt sind. In den Hügeln wechseln sich Graslandschaften mit lichten Nadelwäldern und imposanten Blockhalden ab. Groß und kräftig sind die Männer, die sich im Kampf und auf der Großwildjagd beweisen. Mit unglaublichem Mut ist es einzig ihnen gelungen, urzeitlich anmutende und mehrere Tonnen schwere Sariks als Reittiere zu domestizieren. Möchtest Du mehr über dieses Volk wissen? Dann tauche in die Barbarensiedlung Burgai ab!
Die dichten Wälder Dagorthans sind die Heimat der schlanken und agilen Waldmenschen, die sich Darlenduin nennen. Sie leben in konkurrierenden Stadtstaaten, sind hervorragende Jäger und schätzen den riesigen Auerochsen als mächtiges Jagdwild. Ihr Leben ist ursprünglich und an die Natur angepasst. Ständig sind sie umgeben von Göttern und Geistern, zu denen sie mit Hilfe ihrer Priester Kontakt halten. Nicht häufig wagen sich Fremde zu ihnen in die Waldkönigreiche.
In einem Jahrtausende alten Wald leben seit vielen Generationen Waldriesen in ihren massiven Holzfestungen und verteidigen eifersüchtig ihr Territorium. Sie verlassen ihren geliebten Wald selten, streiten und bekriegen sich mit Ausdauer, erpressen einander, treiben Tribut ein und versklaven unvorsichtige Eindringlinge. Menschenfleisch essen die über vier Meter großen Riesen - so wird manch Abenteurer erleichtert hören! - nicht. Doch sie verfüttern das Fleisch gerne an ihre als Sklaven gehaltenen Waldtrolle.
Dörfliche von Familienclans beherrschte Gemeinschaften leben in Pfostenhäusern auf Hügelkuppen und Plateaus aus Kalkstein. Teilweise wurde Erdreich bewegt, um tiefe Gräben auszuschachten und Erdwälle mit Palisaden anzulegen. Trotz ihrer überdurchschnittlichen Körpergröße erscheinen die zu unbeherrschtem und grobem Verhalten neigenden Barrendyner eher untersetzt. Ehrfurcht empfinden sie nur vor ihrer Erdgöttin, mächtigen Hexen und Hexern, ihren Clanfürsten und ihrem König. Kaum zu glauben: Ihr primitives Kriegshandwerk hat die besten Speerwerfer und Steinschleuderer hervorgebracht.
Mit grausamer, harter Hand regiert der gerissene Orkkönig Gremgol, ein der Magie kundiger Hargû-Ork, das Königreich Marath-Gadrimm. Schwächere Orkstämme unterwarf er und ihre männlichen Orks ließ er erschlagen oder versklaven. Die weiblichen wurden in sein düsteres Höhlenlabyrinth verschleppt, um der Fortpflanzung zu dienen. Orks bevorzugen Fleisch, jagen Wild und unvorsichtige Reisende, züchten und schlachten aber auch dunkelborstige Höhlenschweine. Sie sind Scheusale, die selbst nur Hässlichkeit erschaffen können.
Das Zwergenkönigreich erstreckt sich in und unter den höchsten Bergen der Welt. Diese erreichen an der Spitze stattliche 8.000 Meter. Die Hauptstadt der widerstandsfähigen und eigenwilligen Zwerge - auch Stadt der tausend Essen genannt - liegt tief verborgen im Gebirge. Doch sie sind nicht abgeschottet von der Welt und ihre Hafenfestung Arat Bangul mit ihrer Handelshalle ist Teil vieler Geschichten reisender Händler und Kauffahrer.
Die geborenen Händler leben im Königreich Andor: Im Inland haben die vielseitigen, anpassungsfähigen Deannor große Städte errichtet und mit dem Überlandhandel große Vermögen angehäuft. Mit der Entwicklung der Brinaler Kogge, einem bedingt für die Hochsee tauglichen Schiff, zogen die Bardulai an der Meeresküste nach. Leib und Vermögen müssen gut geschützt werden: Diese Aufgabe übernehmen die schlagkräftigen Panzerreiter des königlichen Militärs.
Die Fanorischen Inseln bestehen aus rund einhundert kleinen und großen Inseln, die zumeist einen felsigen Grund besitzen. Kaltes Wasser brandet an Ufer, stürmische und kalte Winde zerren an Bäumen, Tieren, Menschen und ihren Bauten. In der Stadt Fanor, einem Schmelztiegel, tobt trotzdem das Leben, denn der Hafen ist die Heimat vieler Kaperfahrer und wird von einem Kapitänsrat regiert. Ihre unter der fanorischen Fahne segelnden Schiffe sind seit Generationen auf allen Meeren gefürchtet.
In Küstennähe – häufig an Buchten und Flussmündungen – lebt das Volk der Meldir, das überaus stolz auf ihren herausragenden Schiffsbau, ihre Segelfertigkeiten und Navigationskünste ist. Es ist ein schlankes Volk mit hellen Haaren, grazilen Fingern und feinen Gesichtszügen. Im Landesinneren des Königreichs Arathan hat sich die Landschaft über Generationen sehr gewandelt: Die ohnehin nicht dicht bewaldete und oft hügelige Landschaft wurde vielfach abgeholzt. Der Lohn: Die Meldir alleine beherrschen den Bau von hochseetüchtigen Viermastern.
Die mitleidslosen Sklavenhalter im Königreich Imladis sind von humanoider Gestalt, größer als Zwerge, kleiner als Menschen, gedrungen und gebeugt. Blass und grau. Auf einem unförmigen Rumpf sitzt halslos ein flacher und breiter Schädel mit wulstigen Augenbrauen, weiß-glasigen, fluoreszierenden Augen und einer langgezogenen an Reptilien erinnernden Schnauze. In diesen träge anmutenden Wesen steckt allerdings ein wacher Geist: Viele entwickeln sich zu messerscharfen Denkern und exzellenten Zauberern. Über Jahrtausende schufen Tverogs im Untergrund ihres unwirtlichen Gebirgsplateaus ausgedehnte Labyrinthe.
Uralt ist der sich scheinbar grenzenlos ausdehnende Wald der Mirithai, in dem eine reiche Kultur in Harmonie mit der Natur gedeiht. Sie wertschätzen alles Leben und töten keine Tiere. Mirithai bereiten vielfältige vegetarische Speisen zu und zaubern aus einfachen Zutaten die schmackhaftesten Gerichte. Ihre herausragenden Bogenschützen und Späher bewachen unbemerkt von Besuchern jeden ihrer Schritte und legen mühelos weite Strecken im Königreich Erryndain zurück. Waldelben überragen so gut wie alle Menschenvölker, sind dabei aber von zartgliedriger Gestalt mit feinen Zügen.
Ihre humanoiden Körper sind überwiegend ästhetisch, athletisch, erreichen einen Wuchs von zweieinhalb Metern, besitzen ausgeprägte Muskeln, breite Schultern und eine schmale Taille. Die Iris ihrer Augen ist von einem kräftigen Rot und das Blut wärmer als das der Menschen. Sie sind tatsächlich der Lava entstiegen und eine Vulkaninsel ist ihre geliebte Heimat. Steinhäuser bilden Dörfer und Städte, in denen Schmiede meisterhafte Werke formen. Impulsiv, aggressiv, erbarmungslos, arrogant und furchtlos sind viele. Zugleich scheuen Kervaler das Wasser und betreten niemals freiwillig die Planken eines Schiffs.
Meine Herangehensweise beim Pen-and-Paper Weltenbau ist bei aller Vielfalt immer die selbe: Ich stecke einen kulturellen Rahmen ab und nähere mich dem Volk und seinen Wesen mit viel Liebe zu kleinen Details. Auf diese Weise erhoffe ich mir den Aufbau einer möglichst authentischen Kultur.
Als aufregend habe ich es empfunden, die jeweiligen Kulturen sehr individuell zu entwickeln, durchaus Verzahnungen zwischen ihnen herzustellen, aber keinen Schmelztiegel wie Ankh-Morpork zu erschaffen. Auch wenn ich die Scheibenwelt von Terry Pratchett großartig finde und von ihr zwei Dutzend Bücher im Regal stehen habe. Viele Königreiche meiner Welt sind durch gemeinsame Wurzeln in der Völkerwanderung, den Handel oder die Diplomatie lose miteinander verbunden. Aber längst nicht alle und manche nur über Umwege. Und trotz aller Brückenschläge haben sie ihre eigenen kulturellen Besonderheiten behalten. Warum? Weil meine Spieler es in alltäglichen Dingen nachfühlen sollen, dass dieser gerade erlebte Ort jetzt anders ist als die ihnen bereits bekannten.
Ich werfe einen Blick auf ihre Vergangenheit und schaue, wie Kulturen von ihrer Umwelt – sei es vom Klima, von der Beschaffenheit ihres Siedlungsgebietes, den Ressourcen, Bedrohungen und Bündnissen sowie vielen weiteren Faktoren – in ihrem Werdegang beeinflusst worden sind. Die Fragen, wie ein Volk sich ernähren, welches gesellschaftliche Gefüge sich entwickeln und welche Fertigkeiten herausgebildet werden konnten, sind stets grundlegend. Mit Hilfe dieser übergeordneten Beschreibung, die umfassend weitere Themen wie u. a. alltägliches Leben, Religion, Architektur, Schiffsbau und Navigation, magische Fähigkeiten, Kleidung und Waffen beleuchtet, lässt sich eine Kultur authentisch vor Ort darstellen und später sogar äußerst glaubwürdig durch Improvisation im Rollenspiel weiter füllen. Wenn Pen-and-Paper Spieler überraschend neue Pfade betreten und sich ungeahnten Themen widmen. So entfalten sich tolle Möglichkeiten für Abenteuer in einem überzeugenden Setting.